Taufe als Alleinerziehende:r oder Unverheiratete

Taufe als Alleinerziehende:r oder Unverheiratete
Alleinerziehende und unverheiratete Eltern können Ihre Kinder genauso selbstverständlich taufen lassen wie verheiratete Elternpaare. Trotzdem lassen sie ihre Kinder seltener taufen als Verheiratete, obwohl der Wunsch gleichermaßen besteht. Warum ist das so? Die Gründe dafür mögen verschieden und vielschichtig sein. Manche Gründe lassen sich beheben, andere nicht. Egal, welche es sind: Wir Pfarrerinnen und Pfarrer sind für Sie da. Und wir sind verpflichtet, das Seelsorgegeheimis zu wahren. Sprechen Sie Hinderungsgründe offen an, dann können wir gemeinsam eine Lösung finden.

Unverheiratete Eltern

Kinder unverheirateter Eltern werden oft deshalb nicht getauft, weil die Kirche Ehelosigkeit über Jahrhunderte hinweg als Makel betrachtet hat. Diese Einstellung wirkt bis in unsere Gegenwart nach. Inzwischen sollte es für Eltern in Bezug auf die Taufe jedoch kein Thema mehr sein, wenn sie unverheiratet sind. Für die Taufzeremonie spielt das absolut keine Rolle. Inzwischen gibt es längst auch unter Pfarrpersonen Alleinerziehende, Unverheiratete und Geschiedene – da tut sich etwas.
 

Konflikte zwischen Eltern

Wenn die Eltern getrennt sind und zwischen ihnen Konflikte herrschen, ist es schwierig bis unmöglich, wichtige Absprachen zu treffen. Die Vorstellung, nach einer Trennung gemeinsam zu feiern, wirkt geradezu absurd. Wenn zudem neue Lebenspartner:innen oder Stiefgeschwister dabei sind, erscheint die Planung noch komplizierter. Eine Taufe fordert im guten Sinne dazu heraus, gemeinsam die Verantwortung für die gemeinsame Vergangenheit zu übernehmen: Ihr Kind.
 

Kinder als gemeinsamer Fokus

In der Regel bewirkt der Fokus auf die beteiligten Kinder, dass alle auf das gleiche Ziel hinarbeiten. Gelingt es den Beteiligten, sich auf dieses gemeinsame Ziel zu einigen? Wunderschöne Taufgottesdienste sind mit getrennten Eltern und in Patchwork-Konstellationen genauso möglich wie mit zusammenlebenden Eltern! Ich habe viele berührende Szenen erlebt, in denen möglich wurde, was sich zuvor niemand mehr vorstellen konnte. Die Kirche ist dann der spirituelle Begegnungsraum, auf den sich alle einigen konnten. Gottesdienste bieten eine besondere Atmosphäre vor Gott, Alltagskonflikte dürfen so lange gerne an der Kirchentür geparkt werden.
 

Was tun, wenn das nicht möglich ist?

Ja, es gibt Ereignisse in Familien, die ein Zusammentreffen unmöglich machen. Ist es eventuell sinnvoll, die Taufe zu einem späteren Zeitpunkt zu feiern? Auch dann, wenn ein Elternteil die Taufe unter allen Umständen verhindern möchte: Spätestens mit 14 Jahren, wenn ihr Kind religionsmündig ist, kann sich ihr Kind selbst für die Taufe entscheiden. Ihr Kind ist nach evangelischem Verständnis ein von Gott geschaffenes und geliebtes Kind. Es kann ohne Taufe am Gemeindeleben, am Religions- und Konfirmationsunterricht teilnehmen. Teilen Sie Ihrer Kirchengemeinde mit, wenn ihr Kind nicht getauft ist und Sie über kindgerechte Veranstaltungen informiert werden möchten.
 

Wie feiern wir im Anschluss an den Gottesdienst?

Häufig ist nicht die Gottesdienstfeier das Problem, sondern die Feier im Anschluss. Konfliktpotenzial hat beispielsweise die Frage, wie und wo gefeiert wird und wer alles bezahlt. Tauffeste sind eine gute Alternative zusammen mit anderen zu feiern. Hier sind mehrere Familien beteiligt und meist wird die Möglichkeit angeboten, danach gemeinsam zu feiern. Das hat zwei Vorteile: Erstens wird die Anzahl der abzusprechenden Dinge erheblich reduziert. Zweitens können sich zerstrittene Personen auf einer großen Veranstaltung gut aus dem Weg gehen und ein erfüllendes Fest erleben.
 

Alleinerziehend feiern ohne den anderen Elternteil

Es kommt vor, dass ein Elternteil kein Interesse hat, an der Tauffeier des eigenen Kindes teilzunehmen. Mit Ihrer Familie, Freundinnen und Freunden des Kindes oder auch anderen Alleinerziehenden können Sie ein schönes und liebevolles Fest für Ihr Kind gestalten. Je nach Alter des Kindes kann die Abwesenheit des anderen Elternteils unterschiedliche Gefühle auslösen, die ihren Platz einfordern. Zugleich macht Ihr Kind die stärkende Erfahrung, dass wichtige andere Bezugspersonen an diesem besonderen Tag für es da sind und etwas Besonderes vorbereitet haben.
 

Alleinerziehend durch den Tod des anderen Elternteils

Mit den Menschen, die Ihnen wichtig sind, und mit Ihrer Pfarrerin/ Ihrem Pfarrer können Sie besprechen, was sich für Sie im Hinblick auf die Tauffeier richtig anfühlt. Für die einen ist der richtige Ort eine besondere Tauffeier im engsten Kreis, für die anderen ist es der normale Sonntagsgottesdienst mit der ganzen Gemeinde. Soll der Tod des anderen Elternteils Raum bekommen, zum Beispiel im Gebet? Oder soll gerade an diesem Tag nicht daran erinnert werden? Trauer ist individuell unterschiedlich. Es gilt herauszufinden, wie eine stimmige Taufe gefeiert werden kann. Ein guter Startpunkt ist es, die Menschen auszuwählen, mit denen Sie gemeinsam planen möchten.
 

Sie wollen Ihr Kind taufen? Gehen Sie es einfach an!

Hinderungsgründe bewirken, dass wir Dinge schon beim Gedanken daran immer wieder aufschieben. Gehen Sie die Taufe einfach an! Ein Anruf im Büro der Kirchengemeinde oder das Aussprechen des Taufwunsches in der Familie genügt oft schon, um das "Projekt Taufe" in Gang zu bringen. Ich wünsche Ihrem Kind und Ihnen von Herzen Gottes Segen für die Taufe!
 

Helena Malsy ist Pfarrerin in Frankfurt am Main. Sie schreibt öfters auch für den Fragen-Bereich von evangelisch.de.